Aktiv statt Passiv – warum Training die bessere Therapie ist
- Tony
- 1. Juli
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 9. Juli
Chronische Rückenschmerzen, Gelenkarthrose oder muskuläre Dysbalancen gehören zu den häufigsten Beschwerden in unserer Gesellschaft. Die Reaktion vieler Betroffener: Massagen, manuelle Therapie oder Injektionen, um den Schmerz zu reduzieren. Doch diese Behandlungen sind passiv, symptomorientiert und nur kurzfristig wirksam, während sie die Ursachen häufig unberührt lassen.

Pathophysiologie hinter Schmerz und Bewegungseinschränkung
Chronische Schmerzen entstehen seltener nur durch strukturelle Schäden. Häufig sind es:
muskuläre Dysbalancen
unzureichende neuromuskuläre Ansteuerung
mangelnde Gewebeadaptation an Alltagsbelastungen
psycho-soziale Faktoren
Strukturen wie Sehnen, Faszien, Bandscheiben oder Gelenkknorpel benötigen mechanische Stimulation, um ihre Stoffwechselaktivität aufrechtzuerhalten. Ohne regelmäßige, gelenkfreundliche Belastung degenerieren Gewebe schneller, und es kommt zu einer sinkenden Belastungstoleranz.
Warum Spritzen und Massagen allein nicht ausreichen
Spritzen (z. B. Kortison, Hyaluronsäure) reduzieren Entzündungen oder Schmerzen kurzfristig, ändern jedoch nichts an eingeschränkter Beweglichkeit oder schwacher Muskulatur. Wiederholte Injektionen können langfristig sogar Knorpel- und Gewebeschädigungen begünstigen. Gerade bei Sehnenproblematiken können (kortisonhaltige) Injektionen den Verlauf verschlechtern (Dean, B. J. F. et al.; 2014).
Massagen oder passive Manualtherapie können muskuläre Spannungszustände kurzfristig lösen, aktivieren jedoch nicht die tiefliegenden, stabilisierenden Muskelgruppen und verbessern nicht die Bewegungsqualität.
Studien zeigen: Ohne anschließende aktive Therapie liegt die Rückfallquote bei chronischen Beschwerden deutlich höher (Mannion, A.F., et al., 2001).

Bewegung: Reizsetzung für Heilung und Anpassung
Aktives Training setzt genau dort an, wo passive Therapien enden:
Förderung der Gelenkmechanik: Bewegung verbessert die Synovia-Produktion und die Knorpelernährung.
Verbesserung der neuromuskulären Kontrolle: Rumpfstabilität und Haltungskontrolle werden trainiert, was Alltagsbelastungen besser abfedert.
Steigerung der Belastungstoleranz: Progressive Belastungsreize fördern die Anpassung von Sehnen, Muskeln und Faszien.
Schmerzmodulation: Bewegung wirkt analgetisch durch Ausschüttung körpereigener Endorphine und die Aktivierung schmerzhemmender Mechanismen im ZNS.
Bewegung ist damit keine Konkurrenz zur medizinischen Behandlung, sondern oft der entscheidende Baustein für langfristige Beschwerdefreiheit.

Bewegung als individualisierte Therapie
Nicht jede Bewegung ist jedoch therapeutisch sinnvoll:
Bei lumbalen Beschwerden ist die Wiederherstellung der segmentalen Stabilität entscheidend.
Bei Arthrose sind Achsstellung, gelenkfreundliche Belastung und dosierte Kräftigung entscheidend, nicht das Vermeiden von Belastung.
Bei myofaszialen Schmerzen ist exzentrisches Training häufig effektiver als reine Dehnung oder betont konzentrische Belastungen.
Hier zeigt sich der Unterschied zwischen Sport ohne Anleitung und (medizinisch) betreutem Training: Die Auswahl und Dosierung der Übungen entscheidet über den Therapieerfolg bzw. deren Dauer.
Warum Supervision hilfreich ist
Ein Trainingsvideo aus dem Internet ersetzt nicht die individuelle Diagnostik und korrekte Bewegungsausführung.
Fehlhaltungen werden früh erkannt und korrigiert.
Belastungen werden so gesteuert, dass eine schrittweise Gewebeadaptation erfolgen kann.
Angst vor Bewegung wird durch sichere Anleitung abgebaut, wodurch Patienten wieder Vertrauen in ihren Körper gewinnen.
Supervision ist keine Kontrolle um der Kontrolle willen, sondern ein entscheidender Faktor, um Training wirklich zur Therapie zu machen.
Fazit
Massagen und Spritzen haben ihren Platz, insbesondere zur kurzfristigen Schmerzreduktion. Doch ohne aktive Bewegungstherapie bleibt der Therapieerfolg meist unvollständig.
Training ist nicht die Alternative, sondern die notwendige Ergänzung, um den Körper wieder belastbar und schmerzfrei zu machen.
Quellenliste
Cochrane-Meta-Analyse (2011)Zeigt: Vergleich zu standardlicher Versorgung verbessert sich Schmerzintensität und Funktion durch gezielte Bewegungstherapie signifikant old.sermitsiaq.agdr-herda.deiqwig.de+4pmc.ncbi.nlm.nih.gov+4pubmed.ncbi.nlm.nih.gov+4.
IQWiG (2015)Empfehlungen zur Behandlung chronischer Rückenschmerzen bestätigen: Bewegungstherapie ist effektiv, während steroidale Gelenk-Injektionen in der Regel nicht empfohlen werden .
Arthrosemittel-ReportBei Kniearthrose zeigen Hyaluronsäure-Injektionen keinen klinisch relevanten Vorteil gegenüber Placebo; Risiko von Nebenwirkungen vorhanden thieme-connect.de+10journal.kvhh.net+10igel-monitor.de+10.
Ärzte Zeitung (2025)Metaanalyse: Kortison-Injektionen sind nur kurzfristig wirksam; Hyaluronsäure bringt praktisch keinen langfristigen Nutzen, aber erhöhtes Risiko für Nebenwirkungen aerztezeitung.de.
PubMed randomisierte Studie (2023)Vergleich klassischer versus Bindegewebsmassage bei chronischem Kreuzschmerz: Beide Senken Schmerzen, aber ohne langfristige funktionelle Verbesserung physiotherapeuten.de+10journal.kvhh.net+10zeitschrift-sportmedizin.de+10iqwig.de+11pubmed.ncbi.nlm.nih.gov+11thieme-connect.de+11.
Review auf ResearchGate (2008)Bewegung und Schmerz sind eng verknüpft: Training moduliert Schmerzempfinden positiv, aber unsachgemäße Belastung kann auch Schmerzen verschärfen .
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