Arthrose – aktive Bewegung statt Passivität
- Tony
- 8. Nov.
- 3 Min. Lesezeit

Einleitung
Arthrose gilt als klassische Verschleißerkrankung – ein Bild, das viele Betroffene entmutigt. „Da reibt sich etwas ab“, „da hilft nur Schonung“ oder „irgendwann ist das Gelenk eben durch“. Solche Aussagen sind noch immer weit verbreitet. Doch die aktuelle Forschung zeigt: Bewegung ist nicht das Problem, sondern die Lösung. Gezieltes, dosiertes Training ist eine der wirkungsvollsten und zugleich sichersten Interventionen bei Arthrose – und es wirkt deutlich besser als Massagen, Spritzen oder reine Schonung.
Was bei Arthrose wirklich passiert
Arthrose ist keine reine „Abnutzung“, sondern eine multifaktorielle Gelenkerkrankung. Neben strukturellen Veränderungen im Knorpel spielen vor allem Entzündungsprozesse, muskuläre Dysbalancen, reduzierte Belastungstoleranz und veränderte Biomechanik eine Rolle.
Chronischer Schmerz entsteht selten durch den Knorpel selbst (der ist nicht innerviert), sondern durch:
Entzündungsreaktionen der Synovia
Fehlspannung in Muskulatur & Faszien
veränderte Schmerzverarbeitung im Nervensystem
Das bedeutet: Nicht der Verschleiß erzeugt Schmerzen – sondern die Reaktion des Systems auf Belastung.
Bewegung als biologische Therapie
Gezieltes Training verbessert die Arthrose-Situation auf mehreren Ebenen:
1. Knorpelernährung
Knorpel wird nicht durch Blutgefäße, sondern durch Druck-Wechsel-Belastung ernährt. Nur Bewegung sorgt dafür, dass Nährstoffe über die Gelenkflüssigkeit in den Knorpel gelangen. Passivität = Mangelversorgung.
2. Muskuläre Stabilität & Gelenkführung
Durch Training (v. a. exzentrisch & sensomotorisch) stabilisierst du Gelenkachsen, Gelenkdrücke und erhältst neuromuskuläre Kontrolle. Das senkt Gelenkbelastung und Reibung drastisch.
3. Entzündungshemmende Wirkung
Regelmäßige moderate Belastung:
reduziert entzündungsfördernde Zytokine
erhöht entzündungshemmende Marker
senkt systemische Entzündung – besonders wichtig bei generalisierter Arthrose
4. Schmerzmodulation
Training aktiviert körpereigene schmerzhemmende Mechanismen (zentrale Inhibition, Endorphinausschüttung, veränderte kortikale Verarbeitung). Bewegung „kalibriert“ das Nervensystem neu. Massage, Spritzen, Stoßwelle oder Elektrotherapie können Symptome kurzfristig lindern –aber sie verändern nicht die Ursache:
Methode | Wirkung | Dauer | Einfluss auf Ursache |
Massage | Spannungsreduktion | kurz | gering |
Cortison-Spritze | Entzündungshemmung | 1–3 Wochen | keine |
Hyaluronsäure | Gleitfähigkeit | wenige Wochen | keine |
Bewegung | Systemische Anpassung | dauerhaft | deutlich |
Passivität reduziert kurzfristig den Schmerzreiz, aber langfristig auch die Belastungstoleranz des Gewebes.
Training bei Arthrose – worauf es ankommt
Exzentrische Kontrolle statt reiner Mobilität→ langsam nachgebende Muskelarbeit stärkt Sehne und Knorpel.
Koordination & sensorisches Training→ fördert präzise Bewegung, entlastet Gelenkflächen.
Belastungssteuerung→ kleine, regelmäßige Reize sind besser als sporadische Überforderung.
Ganzkörperintegration→ z. B. bei Kniearthrose auch Hüft- & Fußarbeit entscheidend.
Atmung & Spannung regulieren→ weniger kompensatorische Überaktivität, bessere Gelenkzentrierung.
Ernährung als stiller Mitspieler
Auch Ernährung beeinflusst den Verlauf einer Arthrose deutlich. Nicht, weil sie „den Knorpel aufbaut“, sondern weil sie die Entzündungsaktivität im Körper moduliert.
1. Entzündungshemmende Ernährung
Eine Ernährung mit niedrigem Entzündungsindex reduziert systemische Belastungen. Sie ist:
reich an Omega-3-Fettsäuren (z. B. aus fettem Fisch, Lein- oder Chiasamen)
reich an Polyphenolen & Antioxidantien (z. B. Beeren, grüner Tee, Kurkuma)
ballaststoffbetont mit hohem Gemüse- und Vollkornanteil
arm an raffiniertem Zucker, Alkohol und Transfetten

Studien zeigen: Entzündungshemmende Kost kann Schmerz und Gelenksteife messbar reduzieren, besonders in Kombination mit regelmäßigem Training.
2. Gewichtsmanagement
Jedes Kilogramm weniger Körpergewicht entlastet die Gelenke – z. B. wirkt beim Gehen 1 kg Gewichtsverlust wie 4 kg weniger Druck auf das Kniegelenk. Doch wichtiger als reines „Abnehmen“ ist die Erhaltung fettfreier Masse:→ also Krafttraining bei reduzierter Energiezufuhr.
3. Eiweiß & Mikronährstoffe
Für Knorpel-, Sehnen- und Muskelstoffwechsel ist eine ausreichende Eiweißzufuhr entscheidend (≈ 1,6–2 g/kg KG). Weitere wichtige Mikronährstoffe sind:
Vitamin D und K2 (Knochenstoffwechsel)
Magnesium, Zink, Selen (antioxidativer Schutz)
Kollagenpeptide
Bewegung moduliert die Mechanik – Ernährung moduliert die Biochemie. Beides zusammen bestimmt, wie arthrotisch veränderte Gelenke reagieren, regenerieren und funktionieren.
Beispiel aus der Praxis
Viele Patient:innen berichten:
„Ich habe Arthrose, deshalb darf ich nicht mehr in die Knie gehen.“
Tatsächlich ist genau das Gegenteil der Fall. Langsame, kontrollierte Kniebeugen in kleinem Bewegungsradius (z. B. mit Wand- oder TRX-Unterstützung) können Gelenkdruck und Schmerzen nachweislich senken, wenn sie regelmäßig und korrekt ausgeführt werden.

Fazit
Arthrose ist kein Grund zur Bewegungspause, sondern zur Bewegungsoptimierung. Gezieltes Training stärkt, reguliert und schützt Gelenke, während Passivität die Degeneration beschleunigt.
Trainiere klug, nicht ängstlich. Denn: Der Körper braucht Reize, um zu heilen – keine Schonung.







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